
Gerda Bremer sitzt auf dem Bett ihres Zimmers in der Seniorenwohnanlage Hubertus-Residenz in Langwedel. Als Betreuerin Ulrike Willing ihr Zimmer betritt, klagt Bremer auf die Nachfrage wie es ihr gehe, dass „immer alles so gleich ist“. Da passt es gut, dass Willing dieses Mal nicht alleine ist. Ihr folgt auch Dörte Mysegades ins Zimmer. Doch auch sie hat noch jemanden mitgebracht: ihre beiden Collies Cal und Gene. Die beiden großen Hunde gesellen sich sofort zu der Seniorin ans Bett und lassen sich von ihr streicheln. Ein besonderer Moment für Gerda Bremer an diesem Tag. Zu verdanken hat sie diesen dem Achimer Verein Tiere schenken Glück.
Den Verein gibt es seit Dezember 2013 und „er ist eine Herzensangelegenheit gewesen“, erzählt Susanne Rechten, Erste Vorsitzende des Vereins und treibende Kraft bei seiner Gründung. Deutschlandweit ist ihr nur ein vergleichbarer Verein bekannt, bei dem Mitglieder ehrenamtlich mit ihren Tieren Einrichtungen wie Alten- und Pflegeheime, Schulen sowie Behinderteneinrichtungen besuchen und den Menschen dort besondere Momente schenken wollen – so wie etwa bei Gerda Bremer.
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Im Gemeinschaftsraum der Hubertus-Residenz erfreuen sich die Bewohnerinnen an dem spielerischen Treiben der Hunde vom Verein Tiere schenken Glück. (Björn Hake) |
Doch die Seniorin ist nicht die einzige Bewohnerin der Hubertus-Residenz, die sich an diesem Tag an dem Besuch von Cal und Gene erfreuen darf. Im Gemeinschaftsraum sitzen neun Bewohnerinnen in einem Kreis zusammen und beobachten das Treiben der beiden Collies in ihrer Mitte. Frauchen Mysegades und Rechten vom Verein sowie Willing und eine weitere Betreuerin passen auf, dass alles den richtigen Ablauf nimmt. Aber die Hunde machen auch ohne Ansage ganz von alleine die Runde, beschnuppern die Frauen und lassen sich streicheln und füttern.
„Das Programm ist immer abgestimmt auf die Besucher“, erklärt Mysegades, die eine von rund 20 der insgesamt 42 Mitgliedern ist, die aktiv mit ihren Vierbeinern Glück schenken will. „Bis auf eine Katze alles Hunde. Und unsere Mitglieder sind alle weiblich“, zählt Rechten einige Besonderheiten auf. Was nicht hieße, dass keine Männer willkommen seien. Aber das sei allen Anschein nach ein Bereich, in dem sich eher Frauen engagieren. Nicht jedes Tier ist derweil für diese spezielle Aufgabe geeignet, betont sie weiterhin. So arbeite man mit einer Tierpsychologin zusammen, die Zertifikate erstellt, wenn ein Tier der Sache gewachsen ist und keine Gefahr besteht. Erst dann dürfe es zum Einsatz kommen.
Mysegades schaut inzwischen jede zweite Woche mit ihren Hunden in der Hubertus-Residenz vorbei. Manchmal werde dann viel Ball gespielt. An diesem Tag jedoch geht es eher ruhiger zu – abgesehen von der Phase, kurz nachdem Susanne Rechten auch noch ihren Hund Baku in den Raum bringt. „Das ist wie bei Menschen, die sich lange nicht gesehen haben. Die haben sich auch erstmal viel zu erzählen“, vergleicht Rechten schmunzelnd das nun etwas wildere Treiben und Bellen der drei Hunde. Ein Treiben, welches den Bewohnerinnen sichtlich Freude bereitet. „Der ist aber frech, der Kleine“, ruft eine der älteren Frauen und lacht.
Die Mitglieder des Vereins sind mit ihren Tieren im gesamten Landkreis und auch darüber hinaus in unterschiedlichen Einrichtungen zu Besuch. „Inzwischen bekommen wir so viele Anfragen, die können wir gar nicht alle abdecken“, lässt Rechten wissen. Zwei Mitglieder haben sich mit ihren Hunden auch auf die Sterbebegleitung fokussiert. Natürlich haben die Tiere auch mal einen schlechten Tag, wie Rechten erklärt. Dann machen solche Treffen auch keinen Sinn. „Denn mir ist es auch sehr wichtig, dass die Hunde das gerne machen“, betont sie.
Wie wichtig diese Besuche der Tiere für die Senioren sind, weiß Willing als Betreuerin zu berichten. „Viele der Bewohner haben selbst mal ein Tier gehabt, und es bringt ihnen schöne Erinnerung zurück ins Gedächtnis“, erzählt sie. Besonders bei Demenzkranken sei dies sehr wichtig, da man die Leute mit fortgeschrittener Krankheit auf anderem Wege oft nur noch schwer erreichen kann. „Menschen, die kaum noch etwas sagen können, ist, wenn plötzlich ein Tier in ihrer Nähe ist, das geschenkte Glück auf jeden Fall noch anzusehen“, hat Willing beobachtet.